5 Was ist eine Syntax? - Ein bierseliger Bayer im Himmel
5.1 Syntax des frohlockenden Bayern Alois

 

Etwas Sprachwissen- schaft Die Syntax einer Sprache regelt, in welcher Beziehung die Zeichen einer Sprache zueinander stehen können. Syntax dürfen wir soweit mit Grammatik gleichsetzen, wie wir die Hinzunahme von interpretatorischen Inhalten verbieten. Eine Syntax ist also ein formales System.
Sprechen wir über Inhalte von Zeichen, so machen wir keine Aussage mehr über die Syntax sondern über die Semantik einer Sprache. Wissen, das über die Sprache selbst hinausgeht, also Beziehung zu Gegenständen außerhalb der Sprache schafft, nenn man die Pragmatik einer Sprache. Ein Beispiel soll das Gesagte verdeutlichen: 

"das Haus"

syntaktisch gesehen ist "das Haus" eine Aneinanderreihung von 8 Zeichen (7 Buchstaben und ein Leerzeichen). Dass das Leer- oder Zwischenzeichen zwei Wörter trennt, ist Bestandteil der Semantik und dass "das Haus" einen Gegenstand der realen Welt bezeichnet gehört schließlich zur Pragmatik.

Die Lehre von der Syntax, der Semantik und der Pragmatik einer Sprache nennt man zusammenfassend die Semiotik. Der Roman "Der Namen der Rose" des Semiotikers Umberto Eco ist übrigens ein Roman über Semiotik und nur "nebenbei" ein Krimi, der in einem mittelalterlichen Kloster handelt.

Der in einer Programmiersprache wie etwa Java, C++, Delphi oder Pascal verfasste Quelltext muss syntaktisch korrekt sein, dass er vom Compiler in eine ausführbare Maschinensprache übersetzt werden kann. Der Compiler muss also vor dem eigentlichen Übersetzen einen Quelltext auf syntaktische Korrektheit überprüfen (syntaktische Fehler führen zu einem Compiler error). Tut das Programm schließlich das, was es soll, ist es semantisch korrekt. Ist es schließlich in dem Sinne korrekt, dass es ein Modell (mit allen Einschränkungen) der Wirklichkeit ist, dann ist es schließlich auch pragmatisch korrekt. 
Man studieren noch einmal den Algorithmus des Programmierens wie er in Kap 5.4, ist und beachte, an welchen Stellen die Syntax, an welchen Stellen die Semiotik angesprochen sind. Wo findet die Pragmatik ihren Platz? 

Syntax des Frohlockens Wenn wir eine Programmiersprache erlernen, beschäftigen wir uns hauptsächlich mit der Syntax. Wenn wir später Programme schreiben wollen, die eine reale Situation modellieren, müssen wir uns zusätzlich mit der Semantik und der Pragmatik auseinandersetzen. Eine sehr einfache Sprache ist die Sprache des Frohlockens. "Sie ist leicht erlernbar, denn sie ist eine Teilmenge der bayrischen Sprache und somit keine Fremdsprache (?)". Frohlocken stammt aus einer Aufgabe des 9. Bundeswettbewerbs Informatik 1990. Wie Sätze in dieser Sprache gebildet werden, beschreiben sogenannte Syntaxdiagramme. Die Sprache Frohlocken ist vollständig durch zwei Diagramme beschrieben. Das erste ist so zu lesen, dass ein Satz dieser Sprache aus ein- oder mehrmaligem hosianna singen besteht; mehrfaches hosianna singen wird durch Kommata getrennt und das letzte hosianna singen muss mit einem Ausrufezeichen (!) abgeschlossen werden. Kommas (,)und Ausrufezeichen werden nicht weiter erklärt, sie sind sog. Atome der Sprache. hosianna singen ist dagegen weiter auflösbar. Nach welchen Regeln dies geschieht, beschreibt das zweite Syntaxdiagramm. Unschwer erkennt man weitere Atome der Sprache: ha, l, le, lu, u und ja. In welcher Anordnung (allgemeiner in welcher Beziehung) sie auftreten dürfen ist leicht zu erkennen.

Man prüfe, ob die nachfolgenden Sätze, Sätze der Sprache Frohlocken sind:

haleluja!
halleluja,hahahalleluuja!
hosianna!
luja, sag i!
(nach 3 Gläsern des landestypischen Getränkes)

Übertragen wir das hier gelernte auf eine Computersprache, dann sind die Atome die reservierten Wörter einer Sprache z.B. public oder class, wie wir sie in unserem ersten Programm kennen gelernt haben, ohne ihre Bedeutung (das wäre eine Frage der Semantik)) zu kennen. Ein ganzes, syntaktisch korrektes Programm entspricht dann einem Satz von Frohlocken. Ein Compiler, der bei einer Übersetzung prüft, ob das Programm syntaktisch korrekt ist, macht also zunächst nichts anders als wir, wenn wir etwa halleluja,hahahalleluuja! dahingehend untersuchen, ob es ein gültiger Satz der Sprache Frohlocken ist. Den Teil eines Compilers, der diesen Job erfüllt, nennt man einen Parser.

Die Aufgabe des Bundeswettbewerbes bestand nun darin, in einer gängigen Sprache (damals z.B. Turbo Pascal) einen Parser für das Frohlocken zu schreiben. Ein Programm also zu implementieren, das bei Eingabe eines der obigen Sätze, prüft, ob er im Sinne der Grammatik der Sprache Frohlocken korrekt ist.
Übrigens: Ein 10faches, möglicherweise laut, etwas ironisierend lachend vorgetragenes
ha zu Beginn eines korrekten Satzes könnte Petrus wohl weniger gefallen haben, so dass er es aus semantischen oder pragmatischen Gründen wohl eher abgelehnt hat und Aloisius mit einer wichtigen Botschaft auf die Reise zur Bayerischen Staatsregierung schickte, wo er, so wird in der Geschichte weitererzählt, nie ankam, weil er im Münchner Hofbräuhaus hängen blieb .

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