Die Caracalla-Thermen
Die Caracalla-Thermen



Die Thermen des Caracalla, auch THERMAE ANTONINIANAE genannt, wurden von Caracallas Vater Septimus Severus errichtet. Caracalla selbst hat sie dann zwischen 212 und 216 n.Chr. zu einer gewaltigen Badeanstalt ausgebaut, wobei der Umfassungsbau von Elagabal und Alexander Severus hinzugefuegt wurde. Die riesige Anlage misst 337 mal 328 Meter, ist also fast quadratisch. Als Vorbild dienten die Thermen Trajans am Esquilin. Doch es wurde manches verbessert und vor allem in groesseren Dimensionen gebaut, damit die Thermen 1600 Besucher fassen konnten Natuerlich sollte dieses Musterbeispiel roemischer Architektur ein unuebertreffbares Monument werden.
Die Thermen dienten in erster Linie dazu , ein Warmbad zu nehmen. Es wird berichtet, dass die Roemer sich zu jener Zeit taeglich Arme und Beine wuschen. Ein Vollbad nahmen sie nur alle neun Tage, wobei nicht gesagt ist, dass es warm war. Wohlhabende Buerger wollten verstaendlicherweise warme und komfortable Privatbaeder, doch schon im Jahre 150 v.Chr. entstand in Pompeii die erste oeffentliche Badeanstalt.

Nur 50 Jahre spaeter, 100 v.Chr., erfand Lucius Sergius Orata die Zentralheizung, womit die Voraussetzungen für ausgedehnte Thermen geschaffen waren. Diese wurden anfangs von Privatleuten, spaeter von den Kaisern für die Allgemeinheit gebaut. Die roemische Zentralheizung bestand aus einem Ofen, der mit Holz oder Holzkohle geheizt wurde: HYPOCAUSIS. Die entstandenen heißen Daempfe wurden mittels einer großen Roehre unter die Fussboeden der zu erwaermenden Raeume gelenkt. Dies erforderte, dass die Raeume auf Steinsockeln gebaut wurden. Außerdem stiegen die Daempfe in den Waenden, die mit Hohlziegeln errichtet waren, auf. Bei einer solchen Strahlungsheizung wurde das Wasser also indirekt erwaermt, und folglich war es noetig, die Raeume in ihrer Entfernung so anzulegen, dass sie warm, lauwarm oder kalt temperiert waren. In den Caracalla-Thermen, wie auch in allen anderen Badeanstalten, lagen das CALDARIUM und die SCHWITZRAEUME, ein eindrucksvoller Rundbau, dem Heizofen am naechsten. In weiterer Entfernung befand sich das TEPIDARIUM mit lauwarmem Wasser, in noch weiterer das FRIGIDARIUM mit vier Kaltwasserbecken und zuletzt die NATATIO, das Schwimmbad.
Durch die Mitte von Caldarium, Tepidarium, Frigidarium und Natatio verlief die Hauptachse, an der die erwähnten Raeume foermlich aufgereiht waren. Auf beiden Seiten dieser Achse wurden die Badeanlagen von den PALAESTRAE, in denen man Sport treiben konnte, begrenzt. Die Achsensymmetrie wurde so streng durchgefuehrt, dass es keinen Bauteil gab, der nicht ein spiegelbildliches Gegenstueck auf der anderen Seite hatte. Dieses achsensymmetrische System ist nicht nur bei der Badeanstalt, sondern auch beim Umfassungsbau deutlich zu erkennen.

Die Caracalla-Thermen muessen einst sehr prachtvoll gewesen sein, wobei das Frigidarium besonders hervorstach. Man versuchte, mit Hilfe wiedergefundener Dekorationsteile das ehemalige Bild zu rekonstruieren, aber heute sieht man nur einen Bruchteil der einstigen Schoenheit. Saeulen mit wertvollen Kapitelen, kostbare Kassettendecken, mit Marmor inkrustierte Waende, Fußbodenmosaike und vieles mehr zeigten, wieviel Geld der Kaiser aufgewandt hatte, damit seine Untertanen, sogar die Sklaven, die Moeglichkeit hatten, in prunkvollen Raeumen zu baden. Wie schon erwaehnt, standen die Thermen sogar Sklaven offen. Aber inwiefern war dies den Frauen moeglich? Es war selten der Fall, dass Thermen Frauen und Maennern gemeinsam offenstanden. Ein Beispiel für diese Ausnahme sind die STABIANER THERMEN mit getrennten Eingaengen für Frauen und Maenner. In Rom aber war es Frauen nur gestattet, in kleinere Badeanstalten, in die BALNEAE, zu gehen. Spaeter durften sie auch die grossen Thermen aufsuchen, was jedoch ihrem Ruf nicht gerade zutraeglich war. Skandale blieben folglich nicht aus, und so verbot Kaiser Hadrian das gemeinsame Baden. Die neue Loesung sah vor, dass die großen oeffentlichen Badeanstalten beiden Geschlechtern zu verschiedenen, genau festgelegten Badezeiten zur Verfuegung standen. Sport- und Unterhaltungsplaetze durften alle gemeinsam zur selben Zeit nutzen.

Die Thermen waren sehr geschaetzt, und man ging nicht nur zum Baden hin, sondern auch, um den Nachmittag angenehm zu verbringen. Sie wurden anfangs um die Mittagszeit geoeffnet, spaeter erst ab 14.00 Uhr, und hatten an Vergnuegungen viel zu bieten:
* Es konnte warm, lau und kalt gebadet oder ein Schwitzbad (?Sauna?)
genommen werden. Man brachte Oel, Soda als Reinigungsmittel, Haarwasser und
Handtuecher selbst mit und, soweit man es sich leisten konnte, sogar eigene
Diener. Aermere Leute konnten an Ort und Stelle einen Bader oder Masseur
finden, die sich marktschreierisch anboten.

* Sonnenanbetern war die Gelegenheit gegeben, auf die zu Terrassen
umgebauten Daecher zu gehen und ein Sonnenbad zu geniessen.

* In den Palaestren waren die Moeglichkeiten für Ringen, Fechten, Laufen wie
auch für die verschiedensten Formen von Ballspielen gegeben.

* Andere wollten spazierengehen, wozu die schoen angelegten Promenaden
zwischen Blumen und Baeumen einluden.

* Im Umfassungsbau gab es Tabernen, wo Durst und Hunger gestillt werden
konnten. Wollte man nicht so weit gehen, ließ man sich von einem der
fliegenden Händler etwas verabreichen.

* Außerdem wurde in Form von Bibliotheken, die
sich im Umfassungsbau befanden, den geistigen Beduerfnissen der Besucher entsprochen.

* Kunstliebhaber konnten die Schoenheit der Thermen geniessen: riesige
Wannen aus aegyptischem Granit, die heute auf der Piazza Farnese als
Brunnen dienen; der sogenannte Farnesische Stier; der Farnesische Herkules
und die Farnesische Flora.

Die Thermen waren so beliebt, dass viele Roemer jede freie Stunde dort verbrachten. Natuerlich vergaßen sie nicht, wem sie es zu verdanken hatten, solchen Luxus genießen zu koennen. So war dem Kaiser die Gunst des Volkes sicher.


Britta Sommerfeld