Der Schüler am Morgen wird nachmittags Student
 

Gaggenau (ema) - Universität? "Ich find's ganz lustig", sagt Pascal Bihler. Er kann schon ein bisschen mitreden. Obwohl er als angehender Abiturient noch die Schulbank im Goethe-Gymnasium drückt. Aber ein neues Projekt von Oberschulamt und Universität Karlsruhe ermöglicht dem Pennäler aus Michelbach schon reichlich Einblick ins Hochschulleben.
Pascal Bihlers Studienwunsch steht so gut wie fest: Informatik will er nach Abi und Zivildienst studieren. Und weil der Computerfreak in seinem Hobby außergewöhnlich fit ist, wurde er in den Kreis von rund 40 Gleichgesinnten aus dem Oberschulamtsbezirk Karlsruhe aufgenommen. Die Pennäler, zumindest jene, die bis heute dabei geblieben sind, dürfen sich "Schülerstudenten" nennen.
Einige der jungen Kollegen sind bereits abgesprungen. Nicht ganz unverständlich, denn mit harmlosem Hineinschnuppern hat das Projekt nichts zu tun.

Das Ziel liest sich in der Theorie so: "Im Fach Informatik begabte Schülerinnen und Schüler sollen während der Schulzeit Gelegenheit haben, an der Uni zu studieren; sie werden fachlich gefordert und gefördert; sie sparen Zeit und sammeln Erfahrungen, wozu normalerweise Schüler keine Gelegenheit haben."
In der Praxis heißt das: An zwei Nachmittagen düst der Michelbacher nach Karlsruhe, geht für insgesamt 7,5 Stunden in Vorlesungen und Übungen, schreibt Klausuren, die ihm beim späteren Studium (und auch jetzt schon in der Schule) angerechnet werden. Alles zusätzlich zum sonstigen Schulalltag. Schluss mit lustig. Kommentar des Schülerstudenten: "Ziemlich heavy". Trotzdem möchte er das Projekt durchziehen, schon mit Blick auf den angestrebten Berufsweg: Autonome Systeme will er später mal entwickeln.
Damit würde sich kontinuierlich fortsetzen, was im Alter von

vier Jahren begann. Damals, so erzählt Pascal Bihler, habe er schon mit einem Malprogramm hantiert. "Ich bin mit Computern aufgewachsen", gehört für ihn die Technik zum Alltag. Computerspiele ("Ich glaub', ich hab' gar keine") interessieren ihn nicht sonderlich. Dafür das Programmieren. Seit sechs Jahren tüftelt er. Und bei ihm klingt es erneut so, als sei es das Selbstverständlichste der Welt: "Das, was ich brauche, programmiere ich mir." Zum Beispiel ein "Notizzettelchenprogramm", mit dem er auch schon in Computerzeitschriften wie "c't" und "PC:Magazin" vertreten war und das bereits in Betrieben genutzt wird (für alle Interessenten: www.activenote.de). Diese Software erfüllt aus seiner Sicht den für ihn wichtigsten Aspekt bei der Materie Computer: "Man kann viele Probleme lösen." Und sie beschert dem 13-Klässler ein Erfolgsgefühl: "Man hat zwar nichts in der Hand, aber es kommt immer was raus."

 

 

Badisches Tagblatt, Murgtal - 27. November 1999